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28. Dezember 2012 5 28 /12 /Dezember /2012 16:53

Bußgeldern sollte ursprünglich eine gewisse Bedeutung zugeordnet sein, so hielt es die Verordnung: Es war im untergeordneten Gesetz zu finden, als Leitlinie für Gerichte, Ordnungsdienste, Verkehrskontrolle. Bußgelder sollen von 'der Wiederholung einer Tat abhalten' und andere Mitbürger warnen, eine ordnungswidrige Tat zu begehen. Als im Deutschland der 60er, 70er und 80er Jahre des letzten Millenniums noch Nachsicht die menschliche Gier kontrollierten, gab es für Bußgelder noch zwei Vorwarnstufen: Erste Verwarnung ohne weitere Kontrolle, zweite Verwarnung mit Personalien Erfassung und erst bei der dritten Verwarnung bei einer Ordnungswidrigkeit ernstere Konsequenzen wie Verfügung eines damals noch verhältnismäßig moderaten Bußgeldes.

In den 90er Jahren jenes mit Wirtschaftskriegen durchsetztes Jahrhundert schickten Abteilungen der einst erfolgreichen Buchgemeinschaft 'Bertelsmann Lesering' Leute in die Städte, Gemeinden, Kommunen – mit Beraterverträgen. Das Geschäft mit den Büchern drohte einzubrechen, neue Geschäftsfelder wurden gesucht, um Gewinne einzubringen. Der öffentliche Personennahverkehr war ein Ziel, die Strukturen der Stadtgemeinschaften ein weiteres.

Die einstige Buchgemeinschaft gründete neue 'Subfirmen', eine davon nennt sich 'Arvato Infoscore' ( http://www.arvato-infoscore.de/ ) und sammelt personenbezogene Daten. Arvato Infoscore kümmert sich auch um die Einziehung von Bußgeldern – und mit einer ersten und zweiten Verwarnung war es vorbei, auch das Bußgeld wurde zu einer Einnahmequelle gemacht. ( http://www.derwesten.de/wirtschaft/fragwuerdige-bonitaetsbewertung-bei-infoscore-id6586294.html   usw usw)

Es mangelt nicht an Beispielen, doch zur Illustration der Absurdität städtischen Verhaltens mancher Ordnungsdienste hier ein paar Bissen: (Denn sie beißen freundlicher denn je zu, das haben sie gelernt) Hauptbahnhof, Bahnsteig der S-Bahn, nach dem stadtberühmten 'White Dinner' auf der Michel Wiese. Ein Flaschensammler läuft über den Bahnsteig, will zwei der mit roten Filzkäppchen bemützten Bahnsteigwächter nach dem Weg fragen. Der Flaschensammler hält in seiner Hand eine offene Flasche, wahrscheinlich leer, sein Arbeitsgerät. Er hat nicht vor den Augen der Wächter den Abfallkorb geplündert, er weiß, dass er damit das Eigentum der Bundesbahn entwenden würde. Bevor er etwas fragen kann, wird er von den Wächtern nach seinem Ausweis gefragt. Völlig konsterniert entgegnet der Flaschensammler, er habe auch eine Fahrkarte gekauft, aber wozu der Ausweis denn? 'Sie bekommen in ein paar Wochen einen Brief von uns', ist die höfliche Antwort der Wächter. 'Was soll ich damit? Ich will keine Post von Ihnen. Wenn Sie mich hier auf dem Bahnsteig nicht leiden können, dann gehe ich eben.' Doch sie haben ihn schon eingekreist, die beiden Wächter, begehren den Ausweis, sonst nichts. Sind sie schon derart konditioniert, dass sie blind sind, oder wollen sie sich nicht unnütz fühlen und heute Abend noch einen Fall entwickeln? Der Flaschensammler möchte nun aufklären und bittet beide Wächter zur Polizeistelle, um den Vorfall zu beruhigen. Doch was ihn dort erwartet, wirkt wie ein Komplott.

Seine Personalien werden aufgenommen, am Schluss tippt einer der beiden Wächter eine Rechnung in seine Digitalrute, 40.- Euro, dafür, dass jemand etwas bei sich trug, was die Augen der Wächter zum Glühen bringt. Er hat weder im Abfallkorb gewühlt, noch auf dem Bahnsteig getrunken.

Bier ist nicht nur Bier, Bier ist nicht gleich Bier.

Es gibt auch einen Sonnenaufgang und einen nächsten Tag. Unser Flaschensammler blickt auf die Rechnung der Wächter, die gut zwei Monate seines gesamten Verdienstes abgeschöpft hat, blickt auf seine Jacke und auf die Bierflasche, um die es gestern Abend ging, das Corpus Delicti, dessen Flaschenhals immer noch aus der Jackentasche ragt. Etwas scheint merkwürdig an dieser Flasche, wenn er nur wüsste, was. 'Die auf dem White Dinner, das waren doch gar nicht solche Säufer', denkt er, und ein böser Verdacht kommt in ihm auf. 'Die Wächter waren nur hinter dem Geld her', denkt er, und langsam zieht er die Flasche aus der Jackentasche. Dabei gehen ihn fast die Augen über.

Da steht doch auf der Rückseite vom Etikett merkwürdigerweise 'alkoholfrei', und in den neuen Erweiterungen der Beförderungsbedingungen des HVV ist nicht das Herumtragen offener Flaschen jeder Art, sondern die Fixierung auf Alkohol hervorgehoben, den vielen besoffenen Pulks von Fußball- und Festivalfans – zweites eher weniger – zuzuschreiben, deren ausgelassene Aggressivität die Idee zur Erweiterung der Beförderungsbedingungen gab, aber die Art und Weise, wie die Wächter davon Gebrauch machen, wurde nun sehr gierig.

Die Tante von der Fahrgeldstelle der Bundesbahn wird kontaktiert.

Sie antwortet nicht mal, ruht im Unglauben, will es drauf ankommen lassen, recherchiert im Internet: Bier – ohne Alkohol – findet dort keinen Hinweis, sagt sie. Ohne Hinweis existiert so etwas nicht. In der Tasche des verdächtigen Säufers findet sich der Kronkorken der korrumpierten Bierflasche. (corruptus, ab 2. Hälfte des 15.Jh., dem Verderben anheimgegebene Bierflasche) Darauf ist ein wichtiger Vermerk gedruckt: Alkoholfrei. Die Fahrgeldstellen- Tante kopiert sich den Kronkorken für die Akten. Aber für den Flaschensammler druckt sie die Beförderungsbedingungen aus, zur Aufklärung. Sie hätte nun das Einsehen haben können, warum nicht das Bußgeld streichen, hat sie Anweisung 'von oben', zur bedingungslosen Geldeinnahme?

Statt einer Einigung stellt sie die Zeichen auf Verweigerung von Unterlagen, stellt 'Untersuchungen' in Aussicht. Aus einer wegen besoffener Pulks notwendig gewordenen Verordnung wurde so die Ausplünderung der Fahrgäste mittels Bußgelder.

Copyright: Wo.

Wäre dieser Mensch nur des Bahnhofbereichs verwiesen worden, ok. Doch diese Haltung der Aufsichtskräfte ist nicht zu akzekpieren.

 

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