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23. April 2012 1 23 /04 /April /2012 21:45

Im Hamburger Gericht wird nur noch gepokert.

 

Am 27. Juni 2011 wurde zum Aktenzeichen 36A C 172/10 ein Urteil verfasst, welches zum Urheberrecht Zweifel, Merkwürdigkeiten und besondere Unklarheit demonstrierte.
Fundstelle: openJur 2011, 94129

Auch die Unterschrift von zwei Amtsrichtern und einer Richterin ändert nichts daran, das versucht wird, sich mit Unklarheiten und Merkwürdigkeiten für die Interessen geldgieriger Anwaltskanzleien und eines großen Musikvertriebes herzugeben.
Angeblich will die Universal Berlin Interessen der Urheber wahrnehmen. Sehr viel  wahrscheinlicher steuert die Urteilsbegründung vom Sommerloch 2011 darauf zu, Geld in die Werbekasse des Vertriebsunternehmens Universal Berlin zu legen und eine Zusatzfinanzierung für den Job des Ex-Musikers Clemens Rasch zu sichern - diesen Job soll sich Clemens Rasch durch seine Bekanntschaft mit der Universal erwirkt haben, nachdem er seine Musik an den Nagel hängen
musste, weil, wie Adorno es in 'Noten zur Literatur' beschreibt, ihm "die Trauben der Kunst zu hoch hängen".
Meist trifft das auch auf die von Rasch & Co abgemahnten Musiker zu, denn sie haben viel  Werbung nötig, damit lässt sich kompensieren, was sie mit der Kunst allein nicht bringen. Aber eine folgende Kürzung der Namen soll nun keine Musiker kompromittieren, wer weiß, was der Vertrag ihnen zumutet und vorschreibt, und bevor Fans nun mit Boykott- Transparenten aufklären und sogar
Konzerte gemieden werden, sei klargestellt, was nicht in ein Urteil 'im Namen des Volkes' gehört. Was allerdings das Urteil selbst annulliert, denn es besteht nur aus zweifelhaften Begründungen, und die gibt es hier zu diskutieren:
Der Satz "das Musikalbum "D..." des Künstlers S... mit 15 Musikaufnahmen in dem Filesharingnetzwerk "BitTorrent" einer Vielzahl von weiteren Teilnehmern dieses Netzwerks illegal zum Herunterladen verfügbar gemacht wurde." So einfach konnte das schlagende Wort 'illegal' nicht in einer Urteilsbegründung stehen bleiben, also bemühte sich das Gericht um eine nähere
Erklärung und befand, der Zusatz 'Vielzahl' solle nun erklären, was das Wort 'illegal' nicht erklären kann.
Dabei ist 'Vielzahl' ohne Aussage und versucht nur das Wort 'illegal' zu einer Steigerung zu verhelfen. Selbst die Hamburger Verbraucherzentrale operiert mit dem Begriff 'Vielzahl', als hätte sie dieses Unwort präjudikativ von Clemens Rasch übernommen.
Eine 'Vielzahl' ohne Angaben erregt den Verdacht der Meinungsmanipulation. Sind es 0 Teilnehmer, 1 Teilnehmer, oder 15 Teilnehmer? Diese 'Vielzahl' genau zu definieren, hat die Klagevertretung proMedia vorsorglich unterlassen, diese wichtige Zahl zu nennen, war dem Gericht vermutlich unwichtig, weil nicht nachvollziehbar.
Das Richtertrio um Arne F. folgte der Anklage und war sich nicht einmal im Klaren darüber, ob es nicht irregeführt wurde, denn: Es war zu bequem für eine Nachfrage, was denn Vielzahl bedeuten solle und gab sich mit der üblichen Feststellung ab, es könnte ja vermutlich eine Vielzahl gegeben haben. Das aber so in einem Urteil zu veröffentlichen, bedarf eines Verweises, wenn nicht der Entlassung jener Richter.
Das Amtsrichter frei und ungebunden entscheiden müssen, heißt nicht, dass sie sich im Urteil einer
Argumentation aus der Pokerrunde bedienen dürfen. Ein Gerichtssaal ist keine Pokerrunde, und die Rasch- Anwälte haben aber mit Zuwendung von der Universal den Gerichtssaal dazu gemacht.
Sehen wir uns an, mit welchen schwammigen Argumenten in diesem Gerichtssaal gefochten wird:
"Maßgeblich für die Wertbemessung des Gegenstandswerts sind nach allgemeiner Meinung das Ausmaß und die Gefährlichkeit der Verletzung (Angriffsfaktor)."
Was als die 'allgemeine Meinung' vorgestellt wird, ist nicht näher erklärt. Wenn aber so etwas auch nicht in eine ordentliche Urteilsbegründung gehört, so wird die 'Gefährlichkeit' mit dem Ausdruck aus der Pokerrunde her zitiert, der 'Angriffsfaktor' - und man befindet sich nun auf der Ebene des übelsten Schmierenjournalismus, es werden statt Argumentationen nur noch, wie Karl Kraus im
elften Band seiner Werke beweist, Rechtsfindungsprozesse ihrer Dummheit wegen zurückübersetzt in jene Rechtsverhältnisse, "...welche sie, zum formalen Prinzip ausgeartet, verleugnet." T.W.Adorno stellt in den Noten zur Literatur fest, wie "Teilhabe am Allerweltsgeblök
mit autonomen Urteil verwechselt" wird und wo "Die bürgerliche Gesellschaft ... den Unterschied des öffentlichen und beruflichen Lebens zum privaten ... verspricht". Wie aber schon das Wort
'Tauschbörsenteilnehmer' im Urteil auf einen falschen Gedanken führt: Es suggeriert, das nicht nur die Klägerin pekuniäre Interessen verfolgt, sondern auch die Beklagten. Denn eine Börse ist immer ein Spekulationsgeschäft, und es kann einfach nicht hingenommen werden, dass hier private, nicht pekuniäre Interessen mit einer Gewinnerwartung in einem Satz erscheinen. Das Gerichtsurteil legt keinen Wert auf die 'öffentliche Meinung', es manipuliert sie in erschreckendem Masse.

Erich Kästner hat einen sehr eindeutigen Befund dazu abgeliefert, was von einem Urteil zu halten sei, das die 'öffentliche Meinung' zur Grundlage legt: "Die bequemste öffentliche Meinung ist noch immer die öffentliche Meinungslosigkeit" (Kästner, Fabian, Romane I, 1998 Wien – Hanser)

Im Hamburger Gericht wird nur noch gepokert.

Keine Kritik ohne Angebot einer realitätsnahen Lösung: Verankern wir im Urheberrecht die Unterscheidung von gewerblichem Gewinnstreben und rein privater Fanfreude, etwa so:
mit Klauseln wie "Verwendung im Internet bei Nennung von Urheber und Musiker frei"
Das sollten auch künftige Vertriebsverträge beinhalten.
Vielleicht werden dann einige – oder noch mehr – Juristen arbeitslos, aber ihre Mahlzeiten bekommen sie am Mitternachtsbus und bei Alimaus immer noch. Leider könnten die oben genannten Juristen dort aus Geiz essen gehen, aber die Wohltätigkeit stellt keine Fragen.

(weitere Quellen: Permalink: http://openjur.de/u/167827.html   2011, 2012)

W.O.
Der Autor ist Urheber und GEMA- Mitglied und fühlt sich durch die seit Jahren anhaltenden, deutschlandweiten Aktionen von Kanzleien wie Clemens Rasch, Schwarz usw. beschämt und peinlich angefressen. Er teilt die Meinung mit Urhebern und Musikern, dass in diesem Streit juristischer Eigennutz unanständige Blüten treibt. Es werden aus dem Urheberrecht heraus Dinge interpretiert, wo sich finanzielles Interesse mit der Gewinnerwartung der Musikvertriebe vermischen. Universal und Sony können nicht ihren Gewinn dadurch maximieren, indem sie private Musikfans mit Klagen und Abmahnungen überziehen, die jene Kanzleien zu tausenden verschicken und sich dann mit dem Angebot einer „gütlichen Einigung“ ihre Dreistigkeit von den gepressten Privatbürgern bezahlen lassen wollen.
Die Vertrottelung der Öffentlichkeit in meinem Land treibt Ausleger:
Als Nebeneffekt gibt es immer mehr „gesperrte Musikvideos“, das sind Ankündigungen von Musikvideos – so auf YouTube – die nach Anklicken nur ein schwarzes Bild zeigen mit der  Bemerkung, das 'dieses Video in deinem Land gesperrt sei' – was hat mein Land verbrochen, frage ich mich. Muss ich extra nach Irland fliegen, dazu – wo es vielleicht gestattet ist dieses Video anzuschauen, nein.
Die Sperrung von Musikvideos auf YouTube wird nicht, wie das der Vertrieb erwartet, mehr Anreiz zum Kauf bieten. Eher könnte sich im Vertrieb auch die Angst bemerkbar machen, dass eine gesperrte Musik so schlecht ist, dass Kauf der Musik und Konzertbesuch dieser Gruppen kaum
lohnenswert sei...

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